Das Kirchenjahr nähert sich seinem Ende, der Herbst und die dunkle Zeit erinnert uns an die Vergänglichkeit alles Irdischen. So liegt es nahe sich auch jener besonders zu erinnern, die uns in die Ewigkeit vorangegangen sind. An Allerheiligen wird der Menschen gedacht, die keinen eigenen Gedächtnistag haben, die jedoch im Himmel das Angesicht Gottes schauen. Da stellt sich doch die Frage was ist eigentlich Heiligkeit?
Der Theologe Ulrich Lüke bezeichnet Heilige als Menschen, „die dem Vorbild Christi besonders gefolgt sind und durch ihr Sterben für den Glauben, z.B. als Märtyrer, ein hervorragendes Zeugnis für das Himmelreich abgelegt haben“. Lüke betrachtet Heilige als „eine Art überzeitliche und transnationale Eingreiftruppe Gottes“. Nach der heiligen Mutter Teresa bedeutet heilig sein, Gott zu erlauben, „sein Leben in uns zu leben“.
Das zweite Hochgebet beginnt mit den Worten: „Ja, du bist heilig großer Gott, du bist der Quell aller Heiligkeit.“ Gott ist der allheilige, von dem jede Heiligkeit ausgeht. Durch die Taufe sind wir gleichsam in diese Quelle getaucht und haben so Anteil an der Heiligkeit Gottes. Daher schreibt Paulus in seinen Briefen immer: „Grüßt alle Heiligen…“ (1. Kor 1,2). Das sind jene, die durch ihre Taufe Christus angehören, die durch die Taufe geheiligt sind. So sind auch wir durch die Taufe geheiligt.
Heiligkeit ist das Ziel, dem wir alle entgegengehen. Der Weg dorthin aber ist das sich tägliche Bemühen, das sich tägliche Abstrampeln, Aufraffen und Neubeginnen. In der Definition der römisch-katholischen Kirche wird ein Mensch als Heiliger bezeichnet, wenn er Gott besonders nahesteht oder in religiöser oder ethischer Hinsicht als Vorbild angesehen wird. Eine wichtige Rolle kann dabei das Auftreten von Wundern spielen. Aber begegnen wir in unserem Alltag nicht auch immer wieder Menschen, die wir als heilig bezeichnen können?
In diesem Sinne denken wir auch an die Menschen, die in Liebe, Glaube und Hingabe ihr Leben vollendet haben. Also Mütter, Väter, Großmütter, Großväter, Tanten und Onkel und noch viele andere. Heiligkeit fängt in dieser Welt an. Sie ist kein Privileg von nur außergewöhnlichen Menschen.
Halloween hat mit unserem christlichen Brauchtum in dieser Zeit nichts zu tun, es erinnert viel mehr an Mächte und heidnische Opferrituale, die, so glauben wir, mit dem Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn überwunden sind. Auch wenn das ganze „nur“ ein kommerzieller Partyscherz sein soll, wäre es doch gut, sich an unsere christlichen Bräuche zu dieser Zeit am Ende des Kirchenjahres zu erinnern.
Am Tag nach Allerheiligen feiern wir Allerseelen, das besondere Gedenken für unsere Verstorbenen. Sie sind uns im Tod vorausgegangen und sie sind uns so nahe, weil sie Christus nahe sind. Allerheiligen und Allerseelen, diese beiden Feste liegen nicht deshalb so dicht zusammen, weil es keinen anderen Platz im Kalender gegeben hätte, sondern deshalb, weil sie etwas miteinander zu tun haben, ja, weil sie zusammengehören. Seit den ersten Zeiten der Kirche beten die Christen für ihre Toten – so wie wir das heute auch noch tun.
Die Segnung der Gräber am Allerheiligentag (Gräbergang) ist Ausdruck unseres Glaubens an die Auferstehung der Toten am jüngsten Tag. Das Gebet verbindet uns mit den Menschen, die vor uns ihren Lebenslauf vollendet haben. Halten wir also an Allerheiligen und Allerseelen inne und gedenken wir unserer Lieben, im Vertrauen darauf, dass sie am Ende ihres irdischen Lebens in Gottes Hand gefallen sind. Danken wir Gott für diese Menschen, und bitten wir ihn, dass er ihr Leben zur Vollendung führen möge.
Nicht vergessen sollten wir auch, wenn irgend möglich, unseren Verstorbenen zu vergeben, was immer sie an uns gesündigt haben mögen. Das kann im Einzelfall auch schwer sein und nur in kleinen Schritten möglich, aber wir sollten es versuchen. Wir glauben doch an ein Weiterleben und an die Ewigkeit.
Also ist die Versöhnung über den Gräbern keineswegs sinnlos, sondern ein Werk der Barmherzigkeit – nicht nur dem Verstorbenen gegenüber, sondern auch für uns selbst. Und sie mag uns helfen, wenn wir selbst am unvermeidlichen Ende unseres Weges angekommen sind. Nun wünsche ich Ihnen, viel Kraft, wenn Sie in diesem Jahr einen lieben Menschen zu Grabe tragen mussten, und wir wünschen uns einen tiefen Glauben an die Auferstehung, weil er das große Potential ist, das unseren Glauben prägt und trägt. Die diesjährige Gräbersegnung entnehmen Sie bitte dem Pfarrblatt November.